Aktuell stecken wir mitten in der “junge Kinder, Leben läuft Automation”. Viele von euch kennen dass sicherlich: Die Jahre rennen davon, die Arbeit läuft und man versucht diesen Spagat zwischen “Verantwortung für andere” und “Verantwortung für das eigene Leben” zu meistern. So läuft das aktuell auch bei uns. Gefühlt ist es bei mir so, dass ich die “Verantwortung für andere” ganz gut meistere, dafür aber mein eigenes Leben mehr und mehr auf der Strecke bleibt - und das bringt Unzufriedenheit. Wer mich kennt weiß, dass ich ein Optimist bin, aber es frisst doch ganz schön am Ego und die Unzufriedenheit wächst in langsamen Schritten kontinuierlich weiter. Auch bei meiner Frau lässt sich das mehr und mehr beobachten und die Intervalle zwischen den Momenten der - ich nenne es jetzt mal - “Depression” werden immer kürzer. In unserem Freundeskreis lässt sich das bei einigen Paaren auch sehr gut beobachten - es geht allen in diesem Lebensabschnitt irgendwie ähnlich. Ich und meine Frau unterhalten uns dann oft und diagnostizieren die Beziehungen der anderen, da kann man ja auch so schön Objektiv sein. Als vor einigen Tagen meine Frau morgens mal wieder schlecht gelaunt war, triggerte mich das so sehr an, dass wir ein kurzes Gespräch darüber hatten, was mich sehr zum Nachdenken bewegt hat und ich dachte mir:
“Augen auf und der Realität ins Gesicht sehen. Wie sieht das denn eigentlich mit unserer Beziehung so aus?”
Ich habe mir dann die Zeit genommen und versucht den Status Quo so gut es geht zu erfassen. Bei einem Selbst fällt das ja doch eine ganze Ecke schwerer, da man emotional viel tiefer drin hängt und natürlich auch glaubt, dass sein eigenes Maß das richtige ist. Wenn man recht lange zusammen ist - in unserem Fall über 14 Jahre - verändert sich doch einiges im Leben, vor allem man selber. Ich habe mich gedanklich in meinen DeLorean gesetzt und bin in das Jahr 2005 zurückgereist. Ich kann mich noch gut erinnern, wie ich damals mein Studio in Frankfurt bezogen hatte, um mich voll und ganz auf die Arbeit zu konzentrieren. Nach einigen erfolglosen Beziehungsversuchen, wollte ich auf diesem Gebiet erstmal eine längere Pause machen. Und wie das Leben so spielt, hab ich genau dann meine heutige Frau kennengelernt. Ich will jetzt nicht näher auf die rosarote Brille eingehen - das kennt ja jeder. Als wir dann aber unser Leben zusammen angingen, hatten wir klare Ziele vor Augen: Ich wollte mir in der neuen Heimat wieder ein schönes Studio bauen, meine Frau wollte nochmal studieren, die erste gemeinsame Wohnung und vieles mehr. Die Kinder waren nicht wirklich geplant, kamen dann aber zum richtigen Zeitpunkt und so ging es weiter und weiter. Es folgten die Planung der Übernahme des elterlichen Wohnhauses, diverse Umzüge und natürlich das Leben unserer Kinder vom Baby über Kindergarten bis jetzt zur Schule. Jetzt kommt ganz langsam noch die Pflege der Eltern dazu und so steckt man im Status Quo. Wenn ich darüber nachdenke, habe ich fast alles, was ich mir erträumt und ausgemalt habe, erreicht. Die Lebensaufgaben, die noch dazu gekommen sind (und inzwischen fast die Überhand gewonnen haben), hatte man natürlich nicht auf dem Schirm. Aber jetzt steckt man mittendrin und für mich kristallisierte sich die entscheidende Frage heraus: Nach all diesen Jahren, in der man sich gemeinsam seine Träume verwirklicht und viel gemeinsames aufgebaut hat…
Wie stellen wir uns eigentlich die gemeinsame Zukunft vor?
Wenn man sich kennenlernt und füreinander entscheidet, wird da viel darüber gesprochen - haben wir jedenfalls gemacht. Irgendwann hört das aber auf oder wird sehr wenig und mir ist klar geworden, dass wir das ganz dringend besprechen müssen. An dem Tag, als wir unser kurzes Gespräch hatten, war ich nachmittags in der aktuellen Hitze im Pool und dachte mir: “Wenn alles gut läuft, hab ich noch 30 Sommer - das war’s dann. Was will ich bis dahin eigentlich noch machen?”. Hat mich in diesem Moment echt bewegt - vor allem die doch recht übersichtliche Zahl an Sommern, die man wahrscheinlich noch erlebt. Und wie stellt sich meine Frau diese Zeit vor? Am nächsten Morgen habe ich sie mit meinen Gedanken konfrontiert und es war ein kurzes, aber sehr tief gehendes Gespräch. Ich war sehr froh, dass sie es genau so sieht und wir wollen uns jetzt beide einige Gedanken machen und uns zeitnah zusammensetzen. Jeder will sich überlegen, wo er sich und wo er auch den anderen sieht - und dann muss man sehen, ob es gemeinsame Schnittmengen gibt und ob diese für beide ausreichend sind. Das könnte natürlich im schlimmsten Fall bedeuten, dass man keine Gemeinsamkeiten mehr entdeckt und beschließt, dass man vielleicht getrennte Wege gehen muss. Aber sollte man solche Themen deswegen nicht ansprechen und das ganze einfach weiterlaufen lassen, bis es vielleicht zu einer Implosion kommt? Ist nicht mein Ding - ich war schon immer dafür Probleme anzugehen und über alles zu reden - nur so kommt man meiner Meinung nach weiter. Wir haben dann noch ein bisschen gesprochen und uns ist aufgefallen, dass diese Problematik die Essenz bei ganz vielen Paaren um uns herum trifft. Die Kernfrage: “Decken sich eigentlich weiterhin unsere Erwartungen von einem gemeinsamen Leben?” So, wie es am Anfang der Fall war, als man sich füreinander entschieden hat. Ich finde diese Überlegung sehr wichtig und für die Zukunft werde ich bestrebt sein, solche Zukunftsgespräche immer mal wieder zu führen. Ich bin sehr gespannt, welches Ergebnis bei uns zu Tage kommt. Auch für einen Selbst, ist dieser Gedankengang sehr wichtig. Wann hat man sich eigentlich das letzte mal bewusst Gedanken darüber gemacht, was man noch vom Leben erwartet und wo es hingehen soll. Viel zu schnell lässt man sich durch den Ganzen Trubel einfach leben und gibt das Ruder ab. Wenn ich ehrlich bin, habe ich das Gefühl, dass genau dieses Gespräch unsere Beziehung eine ganze Ecke weiterbringt. Man darf nicht vergessen: Eine Beziehung ist ein andauernder Kompromiss, der für beide stimmig sein muss. Sonst wird’s nicht gut - von daher mein Motto: Vorbeugen statt kleckern ;-)
Bleibt gesund und wach
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