
Als alter Nerd und Computerkind der ersten Stunde, schaue ich mir gerne ab und zu Vorträge vom Chaos-Communication-Congress an. Sicherlich nichts für den „normalen“ Bürger, aber ich finde es spannend in die Gedankenwelt der Hacker und Nerds abzutauchen.
Schon mehrfach ist dort ein Informatiker oder wie er sich selbst bezeichnet, ein „Data Scientist“ namens David Kriesel aufgetreten. Bekannt geworden ist er im Jahr 2013, als er auf besagtem Kongress einen gefährlichen Bug bei Scannern der Marke Xerox aufdeckte. Seit dem lausche ich ihm ab und zu. Letzte Woche hielt er einen Vortrag über „Data-Mining“ und auf eine Rückfrage aus dem Publikum, „Warum Datenauswertung denn so wichtig sei?“ antwortete er, „Weil Daten mehr und mehr die Erfahrung ersetzen“. Das hat mich zum Nachdenken gebracht.
Wir leben im Zeitalter der digitalen Dominanz und jetzt gerade erleben wir das Aufsteigen der künstlichen Intelligenz. Immer mehr verlassen wir uns auf die kleinen digitalen Helfer, die stets eine Antwort parat haben. Mal von den altbekannten Gefahren (was ist, wenn z.B. der Akku leer ist oder das Internet ausfällt) abgesehen, was hat das Ganze für einen Einfluss auf eine der wichtigsten Wissensquellen: die Erfahrung?!
Bücher, Filme, Zeitungen, Nachschlagewerke - alles verschwindet aus der physischen Welt und wandert in die Digitale. Das hat viele Vorteile wie z.B. deutliche Schonung der Umwelt (deutlich weniger Papierverbrauch) und der globalen Verfügbarkeit. Aber bleiben es wirklich Zeitdokumente, auf die unser Wissen aufbauen kann? Werden sie - allerdings mit dem Unterschied, dass sie im Nachhinein angepasst, verändert oder einfach gelöscht werden können. Und auf einmal hast Du ein anderes Buch in Deiner digitalen Bibliothek, ohne es zu merken. Oder es fehlt eins…
Wenn ich zum Beispiel die Farbe Grün zu Blau umdefiniere und ab sofort wird mir jedes mal eine blaue Fläche angezeigt, wenn ich Grün google…dann wird das zunächst eher schmunzeln verursachen. Aber was, wenn ich zeitgleich in allen Büchern, Filmen und sonstigen Zeitdokumenten das gleiche mache. Ab wann werden dann ältere Leute, die Grün noch als Grün kennen als Spinner abgetan? Sicherlich ein sehr vereinfachtes Beispiel, aber aus meiner Sicht ohne Probleme möglich.
Wie oben erwähnt wird auch die künstliche Intelligenz rasant Einzug in unser alltägliches Leben nehmen. Was genau macht die künstliche Intelligenz? Sie lernt aus Milliarden von Daten und Verhaltensprofilen und folgert daraus ihre Antworten bzw. erschafft daraus Texte, Bilder, Filme, Audiosequenzen und steuert sicher in naher Zukunft auch Maschinen und Roboter. Was passiert, wenn man die zugrunde liegenden Daten im Nachhinein verändert? Grün wird zu Blau.
Da unsere Erfahrungen immer mehr ins digitale verlagert werden, wird in Zukunft ein großer Teil unseres Wissens - unserer Erfahrungen - aus der globalen Cloud stammen. Und diese Cloud wird von wenigen, supermächtigen Großkonzernen kontrolliert. Man kann sich einen großen Teil der Menschen so formen, wie man sie möchte. Herzlich willkommen in der „schönen, neuen Welt“.
Bleibt gesund und wach!
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