
In meinem Alter sollte man mindestens schon einmal beim Urologen und beim Gastroenterologen gewesen sein. War ich aber nicht und deshalb soll es heute nicht um das Organ, sondern um das soziale Umfeld gehen.
Auf das Thema gekommen bin ich über einen Vortrag des Wiener Psychiaters Raphael Bonelli, den ihr euch - wen es interessiert - bei YouTube ansehen könnt (link unter diesem Artikel).
Er berichtet da in seiner charmanten Art über einen neuen Zeitgeist, den er die „Pandemie der Oberflächlichkeit“ nennt. Immer mehr Menschen leben in ihrer Blase und alles was stört, wird ignoriert und wenn es sich nicht ignorieren lässt, verurteilt. Innerhalb seiner Blase versucht man dann so gut wie möglich dazu zu gehören. Die Meinung der anderen über das eigene Selbst ist das höchste Gut - die Zustimmung, die Likes, die Anerkennung durch die eigene Kaste. Dadurch leben wir immer mehr nur ein Bild unseres Selbst, was dem wahren Kern unseres Ichs nicht mehr oder nur teilweise entspricht. Der nicht akzeptierte Teil unseres Selbst wird ignoriert und weggeschlossen und tut das, was alle unterdrückten Emotionen tun: Sie brodeln unter der Oberfläche und finden ihren Ausdruck in spontaner Wut, Zorn und Hass - gerne auch gegenüber den Außenseitern der Blase, oder wie ich gerne sage: „Den Spiegeln unserer unterdrückten Ichs.“
Aktuell habe ich das Gefühl, dass die Spiegel immer mehr werden und viele Menschen inzwischen umzingelt von ihren eigenen unterdrückten Bildern - quasi im Spiegelsaal - stehen. Das geht dann soweit, bis man entweder völlig ausflippt oder erkennt, dass es so - innerhalb der Blase - nicht mehr weitergeht. Und das ist auch gut so.
Halte inne und gehe zunächst ins Gespräch mit Dir selbst. Du bist, was Du bist und nicht, was andere von Dir denken bzw. denken sollen. „Like dich“ zunächst selbst, dann ist es egal ob andere es tun oder nicht. Raus aus dem Hamsterrad der Gier nach Wertschätzung durch andere.
Immer mehr Menschen verstehen, dass man die unerwünschten Teile nicht mehr weiter unterdrücken kann, ohne dabei selbst in den Abgrund zu laufen. Akzeptieren, annehmen und diskutieren sind die Verben, die jetzt ganz dringend gebraucht werden. Kein weiteres „BlaBla“ und Gespräche über Themen, die uns über unsere Blase diktiert werden. Erzähle von Dir, Deinem Leben, Deinen Ängsten und Sehnsüchten, sei ehrlich zu Dir selbst und gehe in tiefe Gespräche mit guten Freunden. Nur so geht es in eine gute, gemeinsame Zukunft.
Bleibt gesund und wach!
Hier der Vortrag von Raphael Bonelli:
Hier das Cover von der Dokumentation Speed - habe leider keinen passenden Ausschnitt auf YouTube gefunden:

Comments