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Stereo*gamie


Aus meiner Sicht als Musikproduzent müsste das Gegenteil von Monogamie eigentlich Stereogamie sein, obwohl … es heißt ja auch monophoner oder polyphoner Synthesizer - also ergibt auch aus musikalischer Sicht Polygamie Sinn. Die Monogamie gilt schon seit Jahrhunderten als erstrebenswert, während die Polygamie eher als Sünde verurteilt wird. Aber ist die Monogamie wirklich so erstrebenswert und funktioniert sie wirklich so gut, wie viele sagen? Statistisch gesehen gehen 50% aller Menschen (ja, auch die Frauen) während einer Beziehung mindestens einmal fremd und mehr als jede zweite Ehe wird inzwischen geschieden. Sind diese beiden Konzepte also wirklich so erstrebenswert und menschlich, oder machen wir uns da eher etwas vor? Ich selbst sage schon seit Jahrzehnten immer scherzhaft: “Ich bin einfach nicht für die Monogamie gemacht.” und ich glaube, die Menschen sind es tatsächlich nicht.


Wahrscheinlich hat jetzt der ein oder andere direkt ein ablehnendes Gefühl im Bauch - kann ich gut verstehen, geht mir ganz genau so. Aber wo genau kommt das her? Vor einigen Wochen habe ich über eine Bekannte das Buch “Wie wir lieben” von Friedemann Karig empfohlen bekommen und nachdem meine Frau es gelesen hat, hab ich mir das Werk auch noch zur Brust genommen. Ist ein einfach geschriebenes Buch, welches hauptsächlich aus Beziehungserzählungen diverser Paare besteht. Interessant fand ich den geschichtlichen Hintergrund, der zu diesem Thema kurz umrissen wurde. Die Monogamie sowie die Ehe sind Erfindungen der Kirche, die in früheren Zeiten noch deutlich mächtiger war als heute. Man könnte fast glauben, dass sich einer der Kirchenmanager damals gedacht hat: “Ok, unser Geschäftsmodell ist die Beichte und den Menschen die Absolution zu erteilen. Wie generiert man möglichst viele Sünder?”. Wenn das so war, ziehe ich meinen Hut vor dem Erfinder dieses Dogmas - den Urtrieb des Menschen einer absolut gegenteiligen Gesetzgebung zu unterwerfen … das hält so gut wie keiner durch ohne zu sündigen oder wahnsinnig zu werden.


Tatsächlich wurde schon immer das Menschliche gerne verboten, um die Menschen zu kontrollieren. Wenn man einen Blick zurück in die Geschichte wirft, findet man unzählige Beispiele dafür. Ich hatte allerdings dieses Thema nie damit in Verbindung gebracht - aber genau das, wird unter anderem in diesem Buch gemacht und für mich ergibt das wirklich Sinn. Ein super Herrschaftsinstrument, was zwangsläufig viele Sünder bzw. Kriminelle hervorbringt. Menschen können schon echt abartig sein - wenn man zum Beispiel an die Verstümmelung von Geschlechtsteilen denkt, die in manchen Religionen bis heute dazu gehören. Kein Wunder gibt es so viele Psychopathen. Das Mensch sein immer weiter zurückdrängen, mit (un)Wörtern belegen und damit gestörte, ängstliche und leicht zu führende Wesen generieren. Das funktioniert tatsächlich richtig gut - und warum? Weil der Mensch den Verstand über den Geist gestellt hat und es tatsächlich schafft, die eigenen Gefühle mit Vernunft zu unterdrücken - aber zurück zum Thema dieses Artikels.


Was machen wir denn jetzt mit der Monogamie? Aufgeben? Jeder mit jedem oder was? Das geht doch nicht! Das sind auch bei mir die ersten Gedanken, die so durch den Kopf schießen. Warum muss immer alles gleich so extrem sein? Von der Enthaltsamkeit zum Rudelbumsen - da muss es doch noch was dazwischen geben? Der Weg eine glückliche Partnerschaft über lange Zeit zu gestalten ist oft steinig, aber zusammen machbar. Dass das sexuelle Verlangen nach einem langjährigen Partner nachlässt, ist völlig normal und kennt glaube ich jeder. Was also tun? Eine neue Beziehung suchen, heimlich fremdgehen oder zusammen in den Swingerclub? Als erstes mal immer im Gespräch bleiben - auch über dieses Thema. Allzuoft ist mir schon aufgefallen, dass genau dieses Thema in vielen Beziehungen Tabu ist, obwohl es ein Urbedürfnis darstellt und sicherlich unter die Top 10 der menschlichen Bedürfnishitparade gehört. Ich glaube es gibt da kein Einheitsrezept - jeder Mensch und auch jede Beziehung ist individuell. Wir für unseren Teil sind da auch gerade in einer Findungsphase, nachdem das Buch “Wie wir lieben” doch einiges angestossen hat. Nach 15 Jahren glücklicher Beziehung ist uns auf jedenfall bewusst, was wir einander haben und wertschätzen. Ich persönlich glaube nicht, dass ich mit einem anderen Partner glücklich(er) werden würde. Für mich persönlich ist es bereits ein riesiger Fortschritt, alleine das Gedankenkorsett gemeinsam aufgebrochen zu haben und den Horizont zu erweitern. Das “gemeinsam” ist daran die eigentliche Errungenschaft. Das wir alle schon heimlich geflirtet und zumindest im Kopf fremdgegangen sind, ist doch völlig klar. Alleine daran merkt man, dass an dem antrainierten Dogma irgendetwas widernatürliches ist. Dafür war das Lesen des Buches für meine Frau und mich ein guter Schritt nach vorne auf dem Beziehungsweg.


Die Beispiele im Buch zeigen auch die Probleme auf, die sich aus offenen Beziehungen ergeben können und das auch dieser Weg sicherlich nicht zwingend der richtige, aber immerhin einige Gedanken wert ist. Es gibt hier und da gute Denkanstösse und auch wenn es für meinen Geschmack teilweise etwas langatmig geschrieben ist, finde ich es auf jedenfall lesenswert. Wie schon geschrieben, fand ich den kurzen Rückblick in der Geschichte sehr ansprechend - war mir nie wirklich in den Sinn gekommen, dass dieses Thema als Herrschaftsinstrument missbraucht wurde und auch noch wird. Ist für mich jetzt aber völlig klar und einleuchtend. Es bestärkt mich wieder darin, mehr auf meine Erfahrung, mein Bauchgefühl, meine Intuition zu hören und sich nicht von anderen Menschen die Welt erklären zu lassen und deren Regeln ungefragt anzunehmen. Man kann gerade in diesen Tagen nicht oft genug darauf hinweisen. Was Beziehungen betrifft: Jeder Mensch braucht Beziehungen, Nähe und Liebe zu anderen Menschen. Das wichtigste dabei ist, dass das Miteinander funktioniert, denn nur gemeinsam sind wir eins.


Bleibt gesund und wach!



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